Vom Zeltlager zum Freizeithaus: Holzhausen am Hünstein und die Geschichte der FBS als Zentrum der Evangelischen Jugendarbeit im Hinterland

Vom Zeltlager zum Freizeithaus: Holzhausen am Hünstein und die Geschichte der FBS als Zentrum der Evangelischen Jugendarbeit im Hinterland

Vom Zeltlager zum Freizeithaus: Holzhausen am Hünstein und die Geschichte der FBS als Zentrum der Evangelischen Jugendarbeit im Hinterland

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Vom Zeltlager zum Freizeithaus: Holzhausen am Hünstein und die Geschichte der FBS als Zentrum der Evangelischen Jugendarbeit im Hinterland

Kaum ein evangelischer Christ, der im Hinterland aufgewachsen ist, dürfte die Freizeit- und Bildungsstätte des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach (FBS) nicht kennen. Als Ort ungezählter Konfirmandenfreizeiten und vieler Ostertreffen verbinden auch heute noch, einige Jahrzehnte danach, viele Menschen positive Erinnerungen mit dem Haus. Nicht wenige dieser ehemaligen Jugendlichen sind heute ehrenamtlich in ihren Gemeinden engagiert.

Die Historie der Evangelischen Jugendarbeit in Holzhausen reicht indes noch viel weiter zurück und hat eine lange Vorgeschichte – erkennbar beispielsweise daran, dass 2023 schon das 68. Ostertreffen stattfand. Die FBS gibt es erst seit 1991/92, also seit etwas mehr als 30 Jahren. Zuvor existierte aber schon seit Beginn der 1950er-Jahre ein Selbstversorgerhaus mit bis zu 36 Betten, das im evangelischen Gemeindehaus Holzhausen integriert war[1]. 1991 erwarb das Dekanat Gladenbach das ehemalige „Waldhotel“, das dann zur Freizeit- und Bildungsstätte umgebaut wurde. Am 12. März 1992 wurden die ersten Gäste begrüßt[2]. Der neue Speisesaal wurde 1996/97 angebaut, als auch der Mehrzweckraum im Erdgeschoss einen ebenerdigen Zugang erhielt.

Hausleiter der ersten Stunde bis seiner Ruhestandsversetzung im Mai 2016 war der Bildungsreferent und spätere Präses des fusionierten Dekanats Biedenkopf-Gladenbach, Roland Hartmann. Auf ihn folgte Florian Burk, der das Amt im April 2023 an Claudia Platt-Schreiber übergab.

Die Bedeutung Holzhausens für die evangelische Jugendarbeit im Dekanat lässt sich sogar noch weiter bis in die Tradition der späten 1920er Jahre zurückführen, als Hermann Trautwein als der damalige Pfarrer von Holzhausen (und späterer Dekan des Dekanats Gladenbach) eine „engagierte Jugendarbeit in seiner Kirchengemeinde“ begann: „Seit Beginn der 1930er Jahre (veranstaltete er) in der Nähe des Waldschwimmbades Holzhausen regionale Sommerzeltlager der christlichen Jugend“, schreibt 2014 der damalige Dekan des Dekanats Gladenbach, Matthias Ullrich, in einer Konzeption für die zukünftige Ausrichtung der FBS[3]. Trautwein habe 1930 auch in Holzhausen auch das erste evangelische Gemeindehaus in der Region bauen lassen, das zudem damals schon über eigene Jugendräume verfügte.

In diesem Zusammenhang gewiss nicht unwichtig ist der Umstand, dass Trautwein zusammen mit dem späteren stellvertretenden Kirchenpräsidenten Karl Herbert „eine führende Rolle in der Bekennenden Kirche während der Zeit des Nationalsozialismus im Hessischen Hinterland übernahm[4]. Trautwein sei einer der aktivsten Vertreter der Bekennenden Kirche gewesen, die in dem neuen Gemeinde- und Jugendhaus eine Heimstatt gefunden habe. Auch wegen dessen Größe seien dort 1935, 1936 und 1937 drei Kreisbekenntnissynoden der Bekennenden Kirche veranstaltet worden; bereits 1934 habe in Holzhausen auch ein Bekenntnistag der Bekennenden Kirche mit mehreren tausend TeilnehmerInnen stattgefunden.

Wegen der zentralen Lage und der Bedeutung des Gemeindehauses habe die NSDAP, der die Aktivitäten der Bekennenden Kirche natürlich ein Dorn im Auge waren, 1938 auch versucht, das Gebäude zu kaufen. Landrat und Kreisleiter seien jedoch am standhaften Nein von Pfarrer und Kirchenvorstand gescheitert, berichtet Ullrich[5].

„Die Jugendarbeit ist gerade aus den Erfahrungen des Kirchenkampfs zu einer wichtigen Säule der Gemeindearbeit geworden, aber auch in der Gesamtkirche“, bilanziert Dr. Reiner Braun in seinem Aufsatz für die Hinterländer Geschichtsblätter[6]. Das „Jugend- und Freizeitheim“ hätten die Dekanate Biedenkopf und Gladenbach unter der Regie des Gladenbacher Dekans Hermann Trautwein bewusst anknüpfend an die Sommerferienlager vor dem Krieg Anfang der Fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts errichtet, schreibt Ullrich: „Das Freizeitheim bestand aus drei Räumen, einem Schlafsaal mit 22 Stahlrohrbetten (später erweitert auf 36 Betten) sowie einem Speise- und Tagungsraum im Kellergeschoss.[7]“ Auch der Sitz des Dekanats-Jugendreferats wurde nach Holzhausen verlegt und mit dem Freizeithaus verknüpft.

Nach dem Kauf und dem Umbau des Hotels 1991/92 entwickelte sich die zunächst als Selbstversorger-Übernachtungshaus konzipierte Einrichtung über die Folgejahre zur Evangelischen Freizeit-, Bildungs- und Jugendstätte des Dekanats. Dazu trug auch bei, dass hier bis zur Fusion der beiden Dekanate und dem Neubau des Verwaltungsgebäudes in Niedereisenhausen neben den Dekanatsjugendreferenten zeitweise auch die Profilstelle Bildung, die Erwachsenenbildung sowie die Mitarbeiter- und die Dekanatsjugendvertretung angesiedelt waren.

Der hohe Stellenwert der FBS für die Jugendarbeit ist durch die in der Dekanatssynode und auch im „Hinterländer Anzeiger“ öffentlich geführte Diskussion um die Sanierung oder möglicherweise erforderliche Schließung des Hauses abermals deutlich geworden. Für die Jugendarbeit der ejuBIG ist das Freizeithaus die „Home-Base“, das Hauptquartier, und auch sonst in vielerlei Hinsicht ein wesentliches Standbein der Jugendarbeit: Außer für erfolgreiche Angebote wie das Ostertreffen oder die Mitarbeiter-, Grund- und Schnupperkurse dient die FBS als Ort für Vorbereitungen, verschiedenste Treffen und als Materiallager.

Darüber hinaus buchen auch Kirchengemeinden nicht nur aus unserem Dekanat das Haus für Konfirmandenfreizeiten ebenso wie für Kirchenvorstands-Klausuren und -Tagungen. Als Veranstaltungsort spielt es auch für die Arbeitsbereiche der Fach- und Profilstellen im Dekanat eine Rolle, etwa für die Erwachsenenbildung, die Gesellschaftliche Verantwortung oder für das Projekt „mittendrin“, in dessen Rahmen Angebote für Menschen mittleren Alters gemacht werden. Nicht zuletzt finden auch immer wieder Tagungen der Dekanatssynode dort statt.

 Klaus Kordesch

[1] Krause & Böttcher Bildungsstättenberatung GmbH. Betriebs-Check der Freizeit- und Bildungsstätte des Ev. Dekanates Gladenbach in Holzhausen. Entwurf/unkorrigierte Arbeitsfassung. Hersbruck, 2. Juni 2006, S.4. Dort auch: „Daher hat ein Haus des Dekanates eine längere Tradition am Standort Holzhausen.“

[2] Ebd., S.5

[3] Und zwar seit 1927, vgl. S.7. Freizeit- und Bildungsstätte Holzhausen | zukünftig: „Dieter-Trautwein-Haus“ | Regionales Jugend- und Bildungszentrum der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau | Entwicklungskonzeption. Holzhausen am Hünstein, Invocavit 2014, S.5. Im Folgenden abgekürzt „Konzeption“.

[4] Konzeption, S.5

[5] Ebd.

[6] Dr. Reiner Braun, Der Kirchenkampf im Hinterland. Aus: Hinterländer Geschichtsblätter 87 (2008), Nr.3. Zitiert nach einem Ausdruck des Autors, S.14.

[7] Konzeption, S.6

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