„Beteiligt euch am gesellschaftlichen Leben!“: Musadir Basak liest aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“

„Beteiligt euch am gesellschaftlichen Leben!“: Musadir Basak liest aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“

„Beteiligt euch am gesellschaftlichen Leben!“: Musadir Basak liest aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“

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„Beteiligt euch am gesellschaftlichen Leben!“: Musadir Basak liest aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“

BIEDENKOPF | DEKANAT. „Das Leben war schön, aber wir hatten keinen Frieden.“ Mit diesen Worten hat der in Wallau lebende Autor Musadir Basak seine Kindheit im Südosten der Türkei beschrieben. Die jesidische Familie musste fliehen: „Es ging ums nackte Überleben“, berichte Basak bei einer Lesung aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“ in Biedenkopf.

„Nie das Ziel aus den Augen verlieren und nicht aufgeben“: Der Autor Musadir Basak hat in Biedenkopf aus seinem Werk gelesen und über seine Integrationsgeschichte gesprochen. (Foto: Marion Schmidt-Biber /eöa)





„Nie das Ziel aus den Augen verlieren und nicht aufgeben“: Der Autor Musadir Basak hat in Biedenkopf aus seinem Werk gelesen und über seine Integrationsgeschichte gesprochen. (Foto: Marion Schmidt-Biber /eöa)


Gebannt folgten die rund 40 Gäste am vergangenen Donnerstag in der Aula der Lahntalschule den spannenden Ausführungen Basaks, der auf Einladung der vhs Marburg-Biedenkopf und des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach nicht nur aus seinem Buch vortrug. Vielfach frei vorgetragen und mit großer Dankbarkeit beschrieb er seine Kindheit im Südosten der Türkei, wo er mit vielen Geschwistern als Kind kurdischer und jesidischer Eltern aufwuchs. „Wir hatten alles, was wir brauchten, und wir wussten uns zu helfen“, erinnerte sich Basak.

Als jesidische Familie hätten sie zu einer Minderheit gehörten, die diskriminiert, gedemütigt und verfolgt wurde. „Irgendwann musst du dich entscheiden, ob du leben willst oder im Gefängnis landen“, zitierte er seinen Vater. Aufgeteilt in drei Gruppen flüchtete die Familie im Jahr 1988: „Es ging ums nackte Überleben“, beschreibt er die Situation. Nach mehreren Stationen kam die Familie in Wallau an, wo sie nach längerer Trennung in einem Haus gemeinsam leben konnte.

Basak: „Vereinssport ist eine großartige Chance für die Integration“

Dort habe sich die Familie von Anfang gut aufgenommen gefühlt: Sie bekam vielfältige Unterstützung, etwa beim Deutschunterricht, schilderte er. Musadir Basaks Weg führte schnell in den Fußballverein, wo er Anschluss zu anderen Kindern fand. Im Vereinssport sehe er „eine großartige Chance für die Integration“, unterstrich Basak, der auch von seiner nicht immer einfachen Schulzeit erzählte. Jungen Geflüchteten gab den Rat mit, das Ziel nie aus den Augen zu verlieren und trotz aller Hürden nicht aufzugeben: „Beteiligt Euch am gesellschaftlichen Leben und bringt euch ehrenamtlich ein“, appellierte er an Geflüchtete.

Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration sei die Bereitschaft, dies überhaupt zu wollen. Es gehe nicht um Assimilation, aber das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und die Akzeptanz von gesellschaftlichen Werten und Traditionen sei unbedingt notwendig, betonte der Autor, der heute in Kreisverwaltung arbeitet, eine Finanzagentur betreibt und Vorsitzender der Integrationskommission Biedenkopf ist.

„Wir haben hier so viel Gutes erfahren“

Nachdenklich berichtete er, dass die Erinnerungen aus der Kindheit, das plötzliche Verlassen der Heimat sowie die Unsicherheit und Angst, bleiben zu können, ihn lange begleitet hätten. Dennoch sprach er mit großer Dankbarkeit und Demut von seinem Weg und dem Leben in Deutschland. „Wir haben hier so viel Gutes erfahren und können in Ruhe und Frieden leben“, sagte er. Deshalb sehe er es als seine Pflicht, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Er und seine ganze Familie sind in vielen Vereinen und Verbänden aktiv. Soziales Engagement sei für sie selbstverständlich, erklärte Basak.

Besonders die Informationen zum Jessidentum waren für viele die Gäste neu. Mit Betroffenheit nahmen sie die Berichte über die Verfolgung die wiederholten Genozide an den Jessiden wahr. Trotz Verfolgung und Flucht ließ Basak keinerlei Bitterkeit oder Groll erkennen, vielmehr beeindruckte die mehrfach geäußerte tiefe Dankbarkeit sein Publikum.

Martina Berckhemer, Musadir Basak und Timo Uhlenbrock während der Lesung aus dem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“. (Foto: Marion Schmidt-Biber /eöa))



Martina Berckhemer, Musadir Basak und Timo Uhlenbrock während der Lesung aus dem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“. (Foto: Marion Schmidt-Biber /eöa)

Musikalisch begleitete Timo Uhlenbrock den Abend von. Der Singer-/Songwriter aus Marburg ließ mit seinen Gitarrenstücken die Lesung nachklingen und das Gehörte wirken. Martina Berckhemer von der VHS und Marion Schmidt-Biber vom Dekanat konnten unter den Zuhörerinnen und Zuhörern auch den Biedenkopfer Bürgermeister Jochen Achenbach und Ortsvorsteher Heinz Olbert begrüßen. Mit Nachfragen und angeregten Gesprächen ging ein informativer, spannender und berührender Abend zu Ende. (msb/eöa)

Text und Fotos: Marion Schmidt-Biber


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