02/07/2024 0 Kommentare
Impuls zur Jahreslosung 2022 von Dekan Andreas Friedrich
Impuls zur Jahreslosung 2022 von Dekan Andreas Friedrich
# Neuigkeiten
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Impuls zur Jahreslosung 2022 von Dekan Andreas Friedrich
Wir hatten Karten ergattert für das Fußballspiel. Vor dem Stadioneingang bildeten sich lange Schlangen erwartungsvoller Fans (von Corona wussten wir alle noch nichts). Wenn man endlich dran war, musste man sein Ticket mit dem QR-Code auf einen Scanner legen. Dann leuchtete ein grünes Lämpchen und man konnte durch die Sperre. Es folgte noch die Kontrolle von Rucksäcken und Taschen, dann war man war endlich drin im Stadion.
Vor mir und in der Schlange neben mir rückten die Leute immer weiter nach vorne: Grün. Grün. Grün. Doch plötzlich in der Nebenschlange: Der Scanner leuchtet rot. Kein Durchgang. Der junge Mann probierte es nochmal. Wieder rot. Ein Mitarbeiter von Sicherheitsdienst schaltete sich ein, probierte selbst, probierte am Scanner nebenan – rot. Direkt vor mir wurde der Kartenbesitzer aus der Schlange eskortiert. Kurz danach war ich dran. Der Scanner leuchtete – puhhh… - grün. Ich durfte rein. Nachdem es auch in meiner Tasche nichts zu beanstanden gab, schaute ich durch den Zaun nochmal zurück. Der junge Mann stand abseits, mit traurigem Gesicht, abwartend. Warum sein Ticket nicht anerkannt wurde – ich weiß es nicht. Vielleicht stellte sich das Ganze als technische Panne heraus und er durfte doch noch rein. Vielleicht musste er auch unverrichteter Dinge nach Hause fahren und sich mit der Zusammenfassung in der Sportschau begnügen.
Abgewiesen werden ist eine schrecklich traurige Erfahrung. Die anderen kommen rein, ich nicht. Bei einem Fußballspiel … na ja: Die Welt dreht sich weiter. Noch schlimmer ist es, wenn es um mehr geht. Jemand hat Hunger, der Magen knurrt, er hält seine Hand bittend ausgestreckt – und wird abgewiesen. Jemand braucht medizinische Hilfe, dringend – doch es ist kein Termin frei. Sie wird abgewiesen. Es hat Streit gegeben in der Familie, alles hat sich hochgeschaukelt, böse Worte sind gefallen. Es tut ihm so leid. Er möchte zurück – und wird abgewiesen.
Im 1968 geschriebenen, jüngst verfilmten Roman »Die Deutschstunde« von Siegfried Lenz gibt es eine erschütternde Szene. Der Polizist Jens Ole Jepsen, ein fanatisch pflichtversessener und von der Nazi-Ideologie erfüllter Mann, liefert seinen verletzten Sohn Klaas, der als Soldat desertiert war, an die Behörden aus. Nach dem Krieg verbietet er ihm das Betreten seines Hauses. Ein Foto des Sohnes wird vor den Augen der anderen Familienmitglieder zerrissen, die Schnipsel ins Feuer geworfen: „Sein Name darf hier in meinem Haus nie mehr ausgesprochen werden“, so verfügt der Familienvater.
Abgewiesen. Wegeschickt. Ausgeschlossen. Aus dem eigenen Leben gestrichen – für immer. Der Roman erzählt zwar eine fiktive Geschichte, aber ohne Zweifel hat es ähnliche Szenen viel zu oft gegeben. Und ich fürchte: Solche Geschichten gibt es immer noch!
Jesus hat andere Geschichten erzählt. Weil ihm das wichtig war und ist: Bei ihm wird niemand abgewiesen! Egal was war: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen!“
Eine Geschichte geht so: Es geht auf Mitternacht zu. Das ganze Haus schläft schon. Da klopft es hartnäckig an der Tür. Ein Freund draußen ist in einer Notlage und bittet um Brot. Was wird geschehen? Wird der Freund drinnen liegenbleiben und seinen Kameraden wegschicken, weil vielleicht die Kinder aufwachen könnten? Nein, eigentlich unvorstellbar. Und selbst wenn er nicht erweichen ließe, sagt Jesus: Bei Gott geschieht das nicht. Da gilt: „Klopft an, so wird euch aufgetan!“ (nachzulesen im Lukasevangelium, Kap. 11, ab Vers 5).
Oder: Ein junger Mann ist abgehauen von Hause. Dort war es ihm zu eng. Er hat seinem Vater auch ziemlich unfreundliche Dinge an den Kopf geworfen. Jetzt genießt er seine Freiheit. Doch es geht nicht lange gut. Zu persönlichem Missmanagement kommt eine große Inflation. Innerhalb kurzer Zeit geht ihm das Geld aus. Mit knurrendem Magen denkt er an zu Hause. Kann ich zurück…? Nein, das ist vorbei, er ist ganz sicher. Vielleicht stellt mein Vater mich ja wenigstens ein als Angestellter in seinem großen Betrieb. Als er in die Nähe des Elternhauses kommt, rennt der Vater ihm entgegen. Es wird ein überwältigender Empfang. So ist Gott, sagt Jesus. Die Tür ist immer offen. Er freut sich über jeden, der zurückkommt. Keiner wird abgewiesen (nachzulesen in Lukas 15, 11ff)!
Was für eine Einladung als Überschrift über dem neuen Jahr 2022: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen!“ Sagt Jesus Christus. Gerade hat er eine große Menschenmenge satt gemacht. Und spricht dabei über das Brot des Lebens. Denn nicht nur der Magen, auch die Seele hat Hunger. Jesus sagt: Es gibt Brot, das wirklich satt macht. Wasser, das den Durst löscht. Dies kommt „vom Himmel“, so Jesus. Ist also nicht selbstgemacht. Die tiefen Sehnsüchte stillen wir uns nicht selbst.
Doch diese Himmelsspeise – ist sie wirklich für mich zu haben? Ist sie nicht, wie fast alles auf dieser Welt, an bestimmte Voraussetzungen gekoppelt? Muss ich ein guter Mensch sein, fromm, gläubig? Das ist alles nicht verkehrt. Aber keine Bedingung. Jeder darf kommen, die oft leeren Hände aufhalten - egal, was alles vorgefallen ist zwischen Gott und Ihnen: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen!“
Vieles ist unsicher im Blick auf das Jahr 2022. Diese Einladung, die ist sicher! Jesus ist immer nur ein Gebet weit entfernt! - Ich wünsche Ihnen ein frohes und behütetes neues Jahr!
Ihr Andreas Friedrich
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