„Zuhören, Ideen wahrnehmen und einfach mal ausprobieren“: Kirchenvorsteher des Dekanats Biedenkopf-Gladenbach tagen digital

„Zuhören, Ideen wahrnehmen und einfach mal ausprobieren“: Kirchenvorsteher des Dekanats Biedenkopf-Gladenbach tagen digital

„Zuhören, Ideen wahrnehmen und einfach mal ausprobieren“: Kirchenvorsteher des Dekanats Biedenkopf-Gladenbach tagen digital

# DigitalesDekanat - Gemeinsam im Dekanat

„Zuhören, Ideen wahrnehmen und einfach mal ausprobieren“: Kirchenvorsteher des Dekanats Biedenkopf-Gladenbach tagen digital

Wie lässt sich das Miteinander mehrerer Kirchengemeinden in einem Nachbarschaftsraum praktisch gestalten? Das war Thema einer Kirchenvorsteher-Tagung des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach am Samstag, die coronabedingt per Zoom stattgefunden hat. Fast 70 Vertreter aus den 47 Kirchengemeinden des Dekanats tauschten sich unter der Überschrift »Miteinander im Gespräch – Kirche im Nachbarschaftsraum leben« intensiv dazu aus.

Pfarrer Dr. Steffen Bauer, der Leiter der Ehrenamtsakademie der EKHN, gab ihnen dafür fünf konkrete Schritte an die Hand. In jedem Nachbarschaftsraum umsetzbar könnten sie dazu beitragen, mehr voneinander zu erfahren, Kooperationen einzuüben und die Lust auf gemeinsame Kirche befördern, sagte er. Die „EntdeckerInnengemeinschaft“, die den Nachbarschaftsraum erkunden und die jeweiligen „Spezialitäten“ seiner Gemeinden ergründen könne, sei ebenso denkbar wie einfach umzusetzende Gesangsgemeinschaften, bei denen gemeindeübergreifend zum gemeinsamen Singen eingeladen werde, erläuterte Bauer. Als dritten Vorschlag nannte er Erzählgemeinschaften, in denen man einander von seinem Leben und Glauben berichten könne. „Beten Sie füreinander und miteinander, bilden Sie eine Gebetsgemeinschaft!“, lautete Bauers vierte Idee, während sich mittels der fünften – der Lerngemeinschaft – aufgreifen und bewahren lasse, was man in der Pandemiezeit an Gutem neu gelernt und erarbeitet habe.

»Kirche im Nachbarschaftsraum leben« war Thema der digitalen Kirchenvorsteher-Tagung des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach, durch die Pfarrer Dr. Steffen Bauer, der Leiter der Ehrenamtsakademie der EKHN, die knapp 70 Teilnehmer am Samstag als Moderator und Impulsgeber begleitete. (Screenshot: Dekanat BiG)

»Kirche im Nachbarschaftsraum leben« war Thema der digitalen Kirchenvorsteher-Tagung des Evangelischen Dekanats Biedenkopf-Gladenbach, durch die Pfarrer Dr. Steffen Bauer, der Leiter der Ehrenamtsakademie der EKHN, die knapp 70 Teilnehmer am Samstag als Moderator und Impulsgeber begleitete. (Screenshot: Dekanat BiG)



Neue Formate in der Gemeindearbeit entwickeln

Schnell kristallisierte sich die Herausforderung, gemeinsam die Gemeindeglieder „mitzunehmen“ in ihren Nachbarschaftsraum, als zentral wichtige Aufgabe heraus, Dabei geschehe vieles schon gemeinsam in den Nachbarschaftsräumen, stellten die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher beim Austausch in Kleingruppen fest: Wandergottesdienste, besondere Gottesdienste beispielsweise zu Himmelfahrt, Kanzeltausch-Aktionen und gemeinsame Gottesdienste, oft im Freien, sogar an Bushaltestellen und in den Gärten der Menschen. Dabei bremse die Pandemie vieles aus. Umso wichtiger sei es, sich jetzt persönlich kennenlernen und „die Gesichter hinter den Namen im E-Mail-Verteiler“ zu sehen, waren sich die Teilnehmer einig, von den viele erstmals ihren im Vorjahr neu gewählten Kirchenvorständen angehören.

Es sei eine Bereicherung, mal einen anderen Pfarrer im Gottesdienst zu hören, hieß es in der Diskussion. Aber es sei auch schwer, die Gemeindemitglieder, besonders die nicht Mobilen, in die Kirchen der Nachbargemeinden zu bewegen, da viele trotz Angeboten wie Abholservice ihre „Komfortzone“ nicht verlassen wollten: „Meist sind es nur wenige und immer die gleichen Leute“, sagte eine Kirchenvorsteherin aus Biedenkopf: „Viele gehen ausschließlich in ihre eigene Kirche zum Gottesdienst.“ Andere stimmten ihr zu: „Es ist eine große Herausforderung, sich auf den Weg zu machen und in Bewegung zu kommen.“ Ein weiteres Problem sei, dass es wegen Corona schwierig sei, die Leute in der eigenen Gemeinde „bei der Stange“ zu halten und in den Nachbarschaftsraum mitnehmen: „Gruppen schlafen ein, die Motivation fehlt einigen, andere steigen aus, auch Mitarbeiter“, hieß es. Es gelte deshalb, nicht nur für Gottesdienste, sondern auch in der Gemeindearbeit neue spannende Formate zu entwickeln.

„Das Leben der Kirche vor Ort gestalten“

„Bei einigen Gemeinden gibt es doch große Vorbehalte: Es steht die Angst im Raum, das die kleinen Gemeinden wegfallen“, berichtete ein Kirchenvorsteher: „Dass es darum geht, dass es irgendwann keine eigene Kirchengemeinde mehr gibt.“ Diese Sorge räumte Bauer umgehend aus: „Die Kirche wird sich nicht aus der Fläche zurückziehen“, versicherte er: „Es gibt keinen Zwang zur Fusion, aber die Erwartung der Zusammenarbeit.“ 1600 Gemeindemitglieder bedeuteten in der EKHN unverändert eine Pfarrstelle, aber die Gemeinden würden eben immer kleiner, erklärte Bauer. Darauf reagiere man mit dem Bilden von Pfarr- beziehungsweise Verkündigungsteams aus wenigstens drei Hauptamtlichen, die ortsbezogen arbeiten sollten, aber auch übergemeindliche Schwerpunkte übernehmen würden. In diesem Zusammenhang bezeichnete Bauer den Zukunftsprozess ekhn2030 als eine große Chance, um vor Ort darüber zu entscheiden, wie die Arbeit gestaltet werde: „Darmstadt weiß nicht, wie Sie Kirche leben wollen, und Sie bekommen die Freiheit, dieses Leben der Kirche vor Ort zu gestalten – nutzen Sie diese Chance!“ Auch Pfarrer und Pfarrerinnen wollten immer häufiger im Team arbeiten, Einzelkämpfer würden zur Ausnahme: „Niemand kann alles allein“, stellte Bauer klar.

In der zweiten Runde stellte der Leiter der Ehrenamtsakademie drei konkrete Schritte zur Diskussion: Zuhören und Ideen wahrnehmen, Vorschläge sammeln, Dinge ausprobieren. „Fragen Sie die Gemeindemitglieder: Was braucht Ihr von Kirche, was ist für Euch wichtig, was bewegt Euch?“, riet Bauer. „Gehen Sie nie davon aus, dass Sie wissen, was die Menschen wollen.“ Diese Erwartungen zu erfüllen, überfordere jedoch eine einzelne Gemeinde, unterstrich der Referent: „Da kann der Nachbarschaftsraum eine große Hilfe sein“.

Ohnehin solle man sich vom Anspruch der Vollversorgung verabschieden: „Wir müssen nicht alles tun, aber wir können uns fragen, ob es einfacher wird, wenn wir etwas in einem größeren Verbund tun“, machte Bauer bewusst und riet dazu, einfach mal Erfahrungen zu sammeln: „Säen Sie aus, und wenn es nicht auf fruchtbaren Boden fällt, lassen Sie es wieder bleiben“, machte er Mut zum Ausprobieren. Eine Umfrage unter den Evangelischen fördere hier hinsichtlich der Wünsche und Bedürfnisse mitunter erstaunliche Erkenntnisse zutage, stellte sich auch in den Arbeitsgruppen heraus.

„Gott braucht uns im Team Kirche!“ Die Tagung ende mit einem Doppelpunkt, das Gespräch müsse weitergehen, diagnostizierte Dekan Andreas Friedrich abschließend: „Es bleibt spannend in den Gemeinden, in den Nachbarschaftsräumen, im Dekanat!“ Eingangs hatten der Dekan und Pfarrer Olaf Schmidt als Organisatoren der Tagung in einem Impuls die Unvollkommenheit des „Teams Kirche“ thematisiert: Jesus habe als Jünger keine Gelehrten oder Prominente um sich versammelt, sondern „Versager und Anti-Helden berufen“, machte Dekan Friedrich bewusst, während Olaf Schmidt die negativen Attribute vieler anderer biblischer Figuren aufzuzählen wusste. „Nach menschlichem Ermessen hätte diese Gurkentruppe eigentlich untergehen müssen, aber Jesus denkt und handelt anders“, sagte Friedrich. Christus berufe auch uns mit all unseren Fehlern in die Nachfolge: „Gott kann uns brauchen, nicht mich alleine, sondern uns alle gemeinsam im Team Kirche!“ (klk/eöa)

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