„Eher Fettabsaugen als Hungersnot für die Kirche“: Der Buchenauer Pfarrer Timo Garthe zieht Bilanz vor seinem Wechsel

„Eher Fettabsaugen als Hungersnot für die Kirche“: Der Buchenauer Pfarrer Timo Garthe zieht Bilanz vor seinem Wechsel

„Eher Fettabsaugen als Hungersnot für die Kirche“: Der Buchenauer Pfarrer Timo Garthe zieht Bilanz vor seinem Wechsel

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„Eher Fettabsaugen als Hungersnot für die Kirche“: Der Buchenauer Pfarrer Timo Garthe zieht Bilanz vor seinem Wechsel

Nun sind es keine fünf Jahre geworden für Timo Garthe als Pfarrer in der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Buchenau / Elmshausen. Am Sonntag hat ihn Dekan Andreas Friedrich in einem Festgottesdienst verabschiedet. Und dieser Abschied fällt dem Seelsorger selbst auch keinesfalls leicht, wie er im Interview betont.

Malen ist die große Leidenschaft des Theologen Timo Garthe. Auch Comics zählen zu seinem Repertoire. „Menschen denken in Bildern“, hat er erkannt und nutzt das auch für seine Arbeit als Pfarrer. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)



Malen ist die große Leidenschaft des Theologen Timo Garthe. Auch Comics zählen zu seinem Repertoire. „Menschen denken in Bildern“, hat er erkannt und nutzt das auch für seine Arbeit als Pfarrer. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)

Zum 1. August 2020 hat der heute 57-Jährige seinen Dienst in der Kirchengemeinde angetreten und ist trotz der Rahmenbedingungen mitten im ersten Corona-Jahr schnell heimisch geworden: „Es war ein sehr gutes Miteinander, und vieles ist gemeinsam entstanden“, freut er sich und legt Wert drauf, dass weder Unfrieden noch Ärger Grund für den Wechsel ist. „Man sollte springen, wenn die Welle oben ist“, meint er. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille: Die andere ist seine Erkenntnis, dass er nach einer ernsten Erkrankung im Frühjahr feststellen musste, dass sich etwas an seinem Lebensrhythmus ändern muss. Da erwies es sich nach der gottlob erfolgreichen Behandlung die offene Seelsorge-Stelle an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim als glückliche Fügung. Garthe bewarb sich – auch, weil er hier schon vor seinem Theologiestudium eine Krankenpflegehilfe-Ausbildung absolviert hatte – und bekam die Stelle.

Zum 1. Dezember beginnt nun die neue Aufgabe für Timo Garthe. Auch seine als Kinder-Physiotherapeutin tätige Frau Manuela fand schnell einen neuen Arbeitsplatz in der Kurstadt. Ihren geistlichen Fitness-Kurs „Fit und fromm - probier´s und komm“ wolle sie dann zu einem späteren Zeitpunkt noch in Buchenau nachholen, versichert der scheidende Pfarrer.

Mit Blick auf seine bisherigen beruflichen Erfahrungen in Indonesien und in der Schweiz sagt Timo Garthe: „Um wirklich missionarischen Wind im Segel zu halten, macht es Sinn, sich nicht selbst zum Teil des Systems zu machen.“ Dieser Einstellung entsprechend spielte auch in Buchenau das Stärken der Ehrenamtlichen für Timo Garthe eine wichtige Rolle: „Hauptamtliche Mitarbeiter sollten eigentlich vor allem als Multiplikatoren tätig sein und sich nicht alles selbst aufbürden“, ist er überzeugt. Die vielen stark engagierten Ehrenamtlichen in seiner Gemeinde scheinen das unter Beweis zu stellen: „Ich zähle schon gar nicht mehr unsere ganzen Whatsapp-Gruppen“ gibt er lächelnd zu verstehen. Es gibt allein vier Lobpreis-Bands, das Angebot „Snack and talk“ nach fast jedem Gottesdienst, den wöchentlichen Dorfrundgang „Geh-Bet“, die Frauenkreise, die Jungschar, „Kle-Go“, die ‚Oasenzeit‘ oder ‚Jesus-time‘ Abendveranstaltungen als Einstimmung ins Wochenende, die mittwöchentliche Bibelstunde und sonntagabends die evangelistische Veranstaltung im Vereinshaus, oft mit externen Referenten. Daneben finden auch noch besondere Events außer der Reihe wie zum Beispiel die ‚Echt-Tage‘ mit Arno Backhaus vom 21. bis 24.November statt. „Ohne all die Ehrenamtlichen in unserer Gemeinde würde hier gar nichts laufen“, ist Garthe sich sicher.

Mit Beamer und Bildschirm: Pfarrer Timo Garthe am Arbeitsplatz des Technikteams in der Buchenauer Kirche. Bis heute werden seit der Coronazeit von hier alle Gottesdienste auf YouTube übertragen – eine der vielen Aufgaben, die Ehrenamtliche in der Kirchengemeinde übernehmen. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)

Mit Beamer und Bildschirm: Pfarrer Timo Garthe am Arbeitsplatz des Technikteams in der Buchenauer Kirche. Bis heute werden seit der Coronazeit von hier alle Gottesdienste auf YouTube übertragen – eine der vielen Aufgaben, die Ehrenamtliche in der Kirchengemeinde übernehmen. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)

Trotz aller noch bestehenden Angebote sei während der Coronazeit vieles verschwunden und weggebrochen, bedauert Garthe. „Aber solche Notsituationen machen auch erfinderisch“, findet er und erwähnt das seinerzeit entstandene Technikteam, das seitdem jeden Gottesdienst auf YouTube überträgt. „Vorher hieß es nur, die historische Buchenauer Kirche sei nicht technikaffin, und dann hatten wir auf einmal Beamer und Bildschirm installiert“, zeigt der Theologe in der Kirche.

Auch in seinem früheren Wirkungskreis reagiert man kreativ auf Krisen, erinnert er sich: „Wenn in Indonesien christliche Gemeinden durch Anschläge in ihrer Versammlungsfreiheit gehindert werden, dann planen sie nicht selten Flashmob-Gottesdienste in Betrieben oder auf öffentlichen Plätzen. Die finden dann eben am Freitagmittag statt, wenn alle anderen Menschen in der Moschee sind“, berichtet der Missionar.

Aufgrund solcher Erlebnisse meint Garthe, dass Krisen im kirchlichen Leben auch hierzulande eine große Chance bieten, verheißungsorientiert statt mangelorientiert zu denken. „Die momentane Entwicklung ist noch keine Hungersnot, sondern eher ein Fettabsaugen!“, findet er. (klk/eöa)

„Wir wissen alle nicht, wieviel Zeit wir haben“, sagt der am Sonntag verabschiedete Buchenauer Pfarrer Timo Garthe: „Aber es liegt in unserer Hand, was wir daraus machen!“ Seinen Konfirmanden verdeutlicht er die Lebenszeit anhand eines Zollstocks. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)

„Wir wissen alle nicht, wieviel Zeit wir haben“, sagt der am Sonntag verabschiedete Buchenauer Pfarrer Timo Garthe: „Aber es liegt in unserer Hand, was wir daraus machen!“ Seinen Konfirmanden verdeutlicht er die Lebenszeit anhand eines Zollstocks. (Foto: Klaus Kordesch/eöa)

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