05/10/2024 0 Kommentare
„Pfarrer ist man lebenslänglich!“ - Olaf Schmidt ist im Ruhestand
„Pfarrer ist man lebenslänglich!“ - Olaf Schmidt ist im Ruhestand
# DigitalesDekanat - Gemeinsam im Dekanat
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„Pfarrer ist man lebenslänglich!“ - Olaf Schmidt ist im Ruhestand
Kaum ein evangelischer Christ im Dekanat Biedenkopf-Gladenbach dürfte Pfarrer Olaf Schmidt nicht kennen: Fast 35 Jahre seines Berufslebens hat er hier nicht nur in einer Gemeinde, sondern fast immer auch übergemeindlich gearbeitet. Dass der diskursfreudige engagierte Theologe am Sonntag in den Ruhestand verabschiedet wurde, muss indes nicht das Ende seiner theologischen Präsenz zu bedeuten.
Weltanschauungsfragen, Altenheimseelsorge, Ökumene und Bildung – viele Arbeitsbereiche innerhalb der evangelischen Kirche hat Olaf Schmidt im Laufe seines Berufslebens vertreten, und das fast immer bei einer gleichzeitigen Tätigkeit als Gemeindepfarrer. „Ich hatte nie im Leben eine volle Stelle, sondern immer gesplittete, die sich aus mehreren Aufträgen zusammensetzten“, sagt er dazu.
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Zum Nachdenken oder fürs Gebet: In der Kirche wechselt Pfarrer Olaf Schmidt auch mal die Seiten und setzt sich in der Bank, wenn er alleine mit seinen Gedanken ist. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)
Dass er keiner Diskussion aus dem Weg geht, seine Meinung vertritt und auch keine Angst hat, damit anzuecken, ist schon zu Beginn seines Arbeitslebens ein Pfund: „An Weltanschauungsfragen war ich schon im Studium interessiert, was im Oberseminar `Neue Religionen´ gipfelte“, erinnert er sich an seine im Wintersemester 1980 beginnende Studienzeit in Marburg. Vorher hatte er 1979 sein Abitur in Weilburg abgelegt und 15 Monate Wehrdienst geleistet. „Mir war immer wichtig, mir alle Fakten anzuschauen und anzuhören und mit den Menschen auch anderer Konfessionen und Glaubensrichtungen zu reden statt über sie, bevor ich ein Urteil fälle“, schildert Schmidt seine Prämisse. „Es geht mir immer ums Argument und um die Sache; ich möchte Dinge kennenlernen, einordnen und geraderücken“, erläutert er.
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Die ausdrucksstarken Motive der Kirchenfenster in der Kirche Gönnern zeigen biblische Szenen, zu denen Pfarrer Olaf Schmidt viel erzählen kann. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)
Dazu hat Olaf Schmidt in den dreieinhalb Dekaden seit seiner Ordination fast immer auch hauptberuflich Gelegenheit. Nach seinem Studium unter anderem beim späteren EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, Carl-Heinz Ratschow und Wilfried Härle, während dem er auch sein Liebe zur Philosophie entwickelt, ist er zunächst seit Anfang 1990 knapp 19 Jahre Pfarrer in Runzhausen, Bellnhausen und Rachelshausen – mit einer Zweidrittel-Stelle, das übrige Drittel ist für die Seelsorge im Christlichen Seniorenzentrum Gladenbach und dem Seniorenheim der AWO bestimmt. Vor seiner ersten Pfarrstelle war Schmidt zum Vikariat in Dauborn zwischen Limburg und Idstein und fürs Spezialvikariat beim Konfessionskundlichen Institut in Bensheim.
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Der Dienst am Altar bedeutet dem scheidenden Pfarrer Olaf Schmidt viel. „Pfarrer ist man lebenslänglich!“, sagt er und kann sich vorstellen, auch im Ruhestand noch den ein oder anderen Gottesdienst zu übernehmen. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)
2005 wird im Zuge der Pfarrstellenbemessung die Stelle für Altenheimseelsorge wie alle Zusatzaufträge in der EKHN gestrichen und die Pfarrstelle in Runzhausen auf eine halbe reduziert. Der damalige Dekan Matthias Ullrich habe dann eine halbe Stelle „Bildung mit Schwerpunkt Weltanschauung“ fürs Dekanat einrichten können, aus der heraus Schmidt dann mit seinem Freund und Kollegen Roland Hartmann als Bildungsreferent die „Arbeitsstelle Erwachsenenbildung“ entwickelt, wie er sich erinnert. „Wir haben viel zusammen gemacht, waren uns sehr nahe“, erinnert sich Schmidt an den 2018 verstorbenen Kollegen. „Er war der kreative Kopf; er hatte die tollen Ideen, ich habe den Part `Theologischer Feinschliff mit Tiefenbohrung´ übernommen“, sinniert er.
Befristet übernimmt Olaf Schmidt zum 1. Oktober 2008 die „Projektstelle Weltanschauung“ auf Ebene der Landeskirche, gibt dafür die Pfarrstelle Runzhausen ab und zieht aus dem Pfarrhaus nach Wommelshausen. Als die Projektstelle Ende 2014 ausläuft, wird der „Bildungspfarrer“ des Dekanats auch wieder Gemeindepfarrer, und zwar ab September 2015 in Gönnern „als erster und einziger Pfarrer seit 1540“, wie er nicht ohne Stolz berichtet. Vorher seien in der Gemeinde nur Pfarrvikarsstellen mit Verwaltungsauftrag verortet gewesen, erläutert Schmidt. Nach seiner Ruhestandsversetzung wird die Stelle wie alle anderen zu Jahresbeginn 2025 dem Nachbarschaftsraum zugeordnet; für Gönnern zuständig ist dann Pfarrerin Katrin Simon aus Bottenhorn, deren volle Stelle dort im Zuge der Pfarrstellenreduzierung halbiert wird.
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Zum Nachdenken oder fürs Gebet: In der Kirche wechselt Pfarrer Olaf Schmidt auch mal die Seiten und setzt sich in der Bank, wenn er alleine mit seinen Gedanken ist. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)
„Auch, wenn ich gerne lieber weiter übergemeindlich gearbeitet hätte: Ich habe schnell gemerkt, dass ich die Gemeinde und die Menschen in Gönnern sehr mag“, sagt Schmidt ganz ehrlich: „Als Bildungspfarrer war ich fast jedes Wochenende irgendwo zum Gottesdienst im Dekanat.“ In dieser Hinsicht stellt die Fusion der Dekanate Biedenkopf und Gladenbach 2016 eine besondere Herausforderung dar, verdoppelt sich doch die Fläche bei gleichem Stellenzuschnitt. Olaf Schmidt setzt neue Schwerpunkte für seinen Arbeitsbereich und bietet beispielsweise Wochenenden und Fortbildungen für Küster, Erzieherinnen und Besuchsdienste an – Multiplikatoren in ihren Bereichen. „Das ist ein mögliches Konzept, man kann das natürlich auch anders machen“, meint Schmidt: „Bildung bedeutet für mich, dass Menschen wachsen dürfen in Wissen, Erkenntnis und Glaube; und meine Aufgabe ist es, sie darin zu unterstützen!“
Auch die Ökumene ist immer ein Herzensanliegen für Schmidt gewesen. Er hat 2012 die Lokale Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in der Region begründet und 2004 den Ökumene-Arbeitskreis der EKHN; ebenso wie 2014 den Weltanschauungs-Arbeitskreis mitbegründet. Die Weltanschauungsstelle, die in den vergangenen Jahren per Beauftragung der Propstei zugeordnet war, lief sozusagen ehrenamtlich nebenher: „Das war meistens Seelsorge und Beratung“, sagt der Theologe. In diesem Amt folgt ihm ab 1. November der Lixfelder Kollege Carsten Simon nach.
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Der Dienst am Altar bedeutet dem scheidenden Pfarrer Olaf Schmidt viel. „Pfarrer ist man lebenslänglich!“, sagt er und kann sich vorstellen, auch im Ruhestand noch den ein oder anderen Gottesdienst zu übernehmen. (Foto: Klaus Kordesch /eöa)
Langweilig wird dem scheidenden Pfarrer im Ruhestand gewiss nicht, kann er doch eine ganze Reihe Hobbys aufzählen: Neben dem Motorradfahren ist das vor allem das Schachspielen – Schmidt ist Vorsitzender des Gladenbacher Schachclubs und des Schachbezirks Lahn/Eder – sowie Lesen, sein Traktor und das Arbeiten im Garten. Außerdem will er sich verstärkt der Familie widmen. Und dann gibt es ja möglicherweise noch seinen Beruf: „Pfarrer ist man lebenslänglich!“, betont Olaf Schmidt. Bis Jahresende will er sich jedenfalls erstmal eine Auszeit gönnen. Danach könne es ja sein, dass noch einmal Anfragen kommen: „Aber das liegt nicht in meiner Hand und ich werde mich auch nicht aufdrängen...“ (klk/eöa)
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